Vom Motiv bis zur Motivation. Wie motiviere ich mein Kind?

8. Aug. 2023Betreuungsstellen, Bewerber*innen, Jugendämter

Wir Menschen haben alle unterschiedliche Motive, die das Verhalten steuern und damit auch verständlich machen¹. Diese Motive sind individuelle Beweggründe, welche durch die Sozialisierung beeinflusst werden¹. „Motive stellen die Neigung dar, konkrete Situationen positiv oder negativ zu bewerten und sie dementsprechend eher aufzusuchen bzw. zu meiden […].“¹ Hierbei wird zwischen impliziten und expliziten Motiven unterschieden¹.

Implizit meint die meist unbewussten, eher affektiven Bedürfnisse, die zum Ausdruck gebracht werden¹. Explizite Motive sind oft bewusst und bringen die kognitiven Bedürfnisse zum Ausdruck¹.

Motive werden erst angeregt, wenn Anreize aus Situationen wahrgenommen werden¹. Aus der Interaktion von Motiv und Anreiz resultiert die Motivation, die für individuelle Verhaltensweisen verantwortlich ist¹. Das Verhalten wird außerdem vom Faktor „Erwartung“ beeinflusst, denn die subjektive Einschätzung der Erreichbarkeit eines Handlungsziels ist ebenfalls von großer Bedeutung¹.

 

Die Motivation aktiviert also bestimmte Motive und regt zu Handlungen an, welche ein bestimmtes Ziel verfolgt³. Unterschieden wird zwischen der intrinsischen Motivation und der extrinsischen Motivation³.

Die intrinsische Motivation resultiert aus einem innewohnenden Motiv und benötigt keine externe Belohnung oder Bestrafung als Anreiz⁴. Vielmehr erfolgt eine Belohnung durch körperinterne Prozesse und Anreize⁴.

„Quellen intrinsischer Motivation sind einerseits die interne Prozessmotivation, d. h., eine Aufgabe wird um ihrer selbst Willen erledigt, wenn man den Sinn dieser Tätigkeit erkennt, Freude daran hat und dabei weder unter- noch überfordert ist, andererseits das interne Selbstverständnis, denn jeder Mensch besitzt Werte und Ideale, an denen er seine Handlungen im Allgemeinen ausrichtet.“

Das Mittel bzw. die Handlung sowie der Zweck bzw. das Handlungsziel stimmen bei der intrinsischen Motivation überein⁴.

Als extrinsische Motivation werden Handlungen bezeichnet, die nicht um ihrer selbst Willen ausgeübt werden (Selbstzweck: Sinn oder Spaß), sondern zum Beispiel für Geld oder Anerkennung (Mittel zum Zweck) oder dem Entgehen einer Strafe⁵. Das Mittel bzw. die Handlung sowie der Zweck bzw. das Handlungsziel stimmen bei der extrinsischen Motivation nicht überein⁵. Eine extrinsische Motivation funktioniert jedoch nur, wenn der Anreiz als fair empfunden wird, sonst kann dieser sogar demotivierend wirken⁵.

Intrinsische und extrinsische Motivation schließen sich nicht automatisch aus⁵.

 

Die Motivationstheorie nach McClelland (1985) betont, dass wir Menschen motiviertes Handeln überwiegend zeigen, weil wir nach positiven Affekten streben¹ oder negative Konsequenzen vermeiden wollen. Abraham Maslow hat eine Bedürfnispyramide entwickelt, welche eine Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse aufzeigt, die ein Mensch im Laufe seines Lebens anstrebt zu erfüllen².  Die physiologischen Bedürfnisse (z.B. Hunger, Durst) bilden das Fundament². Darauf folgt das Sicherheitsbedürfnis (z.B. Schutz, Stabilität), das Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnis sowie das Wertschätzungs- und Geltungsbedürfnis (z.B. Leistung, Status)². Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, entsteht ein Defizit, welches behoben werden muss². Dadurch entwickelt der Mensch eine Defizitmotivation². Die Spitze der Pyramide besteht aus der Selbstverwirklichung, was die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit meint². Hier entwickelt der Mensch eine sogenannte Wachstumsmotivation².

Der Mensch impliziert bereits mehrere Motive, Anreize und Motivationen, um bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen. Was, wenn ein bestimmtes Verhalten dennoch nicht gezeigt wird? Häufig sind Freizeitaktivitäten eher intrinsisch motiviert, während arbeitsbezogene Tätigkeiten oder schulische Pflichten eher extrinsische Motivation benötigen⁴. Hierfür wurde das sogenannte Tokensystem entwickelt.

Dieses System gehört zur operanten Konditionierung und arbeitet mit Verstärkern⁶, welche extrinsisch motivieren. Dabei erwerben die Kinder oder Jugendlichen Symbolgeld, Smileys oder andere „tokens“, indem sie gewünschte Verhaltensweisen zeigen⁶. Diese können sie gegen die eigentlichen Verstärker bzw. Belohnungen tauschen⁶. Es ist am besten sich gemeinsam auf eine Belohnung zu einigen. Belohnungen können z.B. ein gemeinsamer Filmeabend, eine Süßigkeit etc. sein. Anfangs kann jede gemachte Hausaufgabe, jedes Staubsaugen und jedes Mal, wenn das Kind pünktlich zuhause ist mit einem Token belohnt werden⁶. Sobald z.B. 20 Token gesammelt wurden, können diese gegen die Belohnung getauscht werden. Im Laufe der Zeit wird die Verstärkungshäufigkeit reduziert (z.B. jede zweite Hausaufgabe) bis schließlich keine extrinsische Motivation mehr benötigt wird⁶. Untersuchungen zeigten, dass das Tokensystem zu zeitlich stabilen Verbesserungen führte⁶.

Der Schlüssel dabei ist, dass alles gemeinsam formuliert wird. Gemeinsam werden kleine, erreichbare Ziele formuliert. Ein selbstverdientes Eis schmeckt dann gleich viel besser!

 

Elisa-Stacy Jakob

 

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¹ Stangl, W. (2023, 3. August). Motiv. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/335/motiv.

² Stangl, W. (2023, 3. August). Bedürfnishierarchie. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/3141/bedurfnishierarchie.

³ Stangl, W. (2023, 3. August). Motivation. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/337/motivation.

⁴ Stangl, W. (2023, 3. August). intrinsische Motivation. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/1949/intrinsische-motivation.

⁵ Stangl, W. (2023, 3. August). extrinsische Motivation. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/1951/extrinsische-motivation.

⁶ Stangl, W. (2023, 3. August). Tokensystem. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
https://lexikon.stangl.eu/4760/tokensystem.